Alles Zufall?
Der Jackpot ist wieder einmal voll â 21 Millionen. Ob ichÂŽs wieder mal riskiere?
Ich ĂŒberlege: was wĂ€re zu tun, um die Ergebnisse der Ziehung vorherzusagen. Eigentlich mĂŒsste das doch möglich sein, da bei diesem Geschehen nur ganz einfache Gesetze der Mechanik wirken. Der Weg jeder einzelnen Kugel ist streng kausal determiniert. Beim dem Billard mit den drei Kugeln geht es doch auch. Das ist doch kein GlĂŒcksspiel. Na gut, bei mir schon aber nicht bei den Könnern. Da ist der Weg jeder Kugel genau berechnet und voraussagbar. Die Kugeln sind doch keine Subjekte mit einem eigenen Willen!
Man mĂŒsste nur von den 49 Kugeln die genauen Parameter der Anfangsbewegung in den Computer eingeben (das lieĂe sich ĂŒber genaue MessgerĂ€te auch automatisieren) und dann die Bewegungen der Kugeln berechnen. Wie viele Rechenoperationen sind dazu notwendig? Wie viele ZusammenstöĂe geschehen in der Sekunde (ca. 25×10 ?). Also mĂŒssten in jeder zehntel Sekunde neue Parameter fĂŒr jede Kugel berechnet werden, um 25 neue ZusammenstöĂe berechnen zu können. Ich fĂŒrchte, mein Computer ist da ĂŒberfordert. Aber selbst wenn er das könnte, ich könnte die Ergebnisse, die er in dieser Zeit anzeigt, weder wahrnehmen noch denken. Dazu ist mein Denkorgan nicht fĂ€hig.
âZufĂ€lligâ nenne ich also alles das, zu dessen Berechnung und Voraussage ich nicht fĂ€hig bin, auch wenn das Geschehen selbst prinzipiell berechenbar ist. Zufall ist also die Unberechenbarkeit des Berechenbaren!
So eigenartig es klingt, das KausalitĂ€tsparadigma ist der Vater des Zufalls. Solange auch das wissenschaftliche Denken im Rahmen der Religion stattfand, brauchte man keinen Zufall, ein allmĂ€chtiges Wesen bestimmte alles. Aber seit das TrĂ€gheitsgesetz Newtons zum Paradigma wissenschaftlichen Denkens ĂŒberhaupt geworden ist, sind - Descartes folgend - Ereignisse ohne Ursache nicht denkbar. Um nun solche Ereignisse, deren Ursache wir nicht angeben können, logisch widerspruchsfrei in wissenschaftliche Systeme einordnen zu können, wurde das Konzept der zufĂ€lligen Ereignisse erfunden. Mit dem Zufall wurde eine Denkfigur konstruiert, mit dem UnerklĂ€rtes erklĂ€rbar wird. In den verschiedenen Wissenschaften hat der Zufall auch seine eigentĂŒmliche Gestalt. So ist es kein Zufall, dass grundlegende Begriffe weit reichender Theorien den Charakter zufĂ€lliger Ereignisse haben. In der Biologie sind dies die Mutationen, in der Quantenmechanik werden âhidden variablesâ postuliert und in der Systemtheorie emergieren Eigenschaften. Und dass der Mensch schlieĂlich rein zufĂ€llig entstanden ist, weiĂ heute jedes Kind.
Damit sind allmĂ€chtige Wesen natĂŒrlich nicht aus dem Denken verschwunden, im Gegenteil, sie haben sich vermehrt. Vor nicht allzu langer Zeit wurde der âintelligente Designerâ geboren. Aber diese Wesen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Heute sind auch sie in die FĂ€nge des KausalitĂ€tsparadigmas gefallen. Erst wenn wir keine physikalische Ursache mehr angeben können, kommen sie zum Zuge, als zwar letzte - aber doch als Ursache.
Ăbrigens: Wie intelligent muss eigentlich der Designer des intelligenten Designers sein?
Ist schon spannend, wohin die Gedanken ĂŒber einen erhofften Lottogewinn einen so fĂŒhren können. Mag der Zufall also weiter wirken, denn wer wĂŒrde schon Lotto spielen, wenn die Ergebnisse berechnet werden könnten? Ach was, ich riskierÂŽs!
Kategorie: Allgemein
am 1. Dezember 2007 um 17:21 Uhr | #
[…] wird von dem Erkenntnissystem bestimmt, in dem das zu erklĂ€rende Ereignis erklĂ€rt wird. Nicht das Ereignis ist zufĂ€llig, nur seine Stellung in unserem Weltbild […]
am 5. Februar 2008 um 11:23 Uhr | #
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