Kategorie: Religion


Interview

1. März 2012 - 11:12 Uhr

Soeben hat Michael Blume auf seinem Blog “Natur des Glaubens” ein  Web-Interview mit mit eingestellt.

Dieser Blog ist auch in meiner Blogroll. Er behandelt religiöse Fragen sachlich und unaufgeregt. Ich lese íhn regelmäßig.

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Meine unsterbliche Seele

15. April 2009 - 08:25 Uhr

Neulich bin ich um Haaresbreite an einem Unfall vorbei geschrammt. Während ich auf die Polizei wartete, ging mir so mancherlei durch den Kopf. Was wäre gewesen, wenn … ? Ich mag gar nicht daran denken.

Warum will der Mensch eigentlich nicht sterben? Warum soll auch unser Nächster nicht sterben? Ich glaube, der Wunsch nach Unsterblichkeit führte zur Erfindung der Seele. Mit der Idee der unsterblichen Seele konnten Menschen die Sterblichkeit des Körpers, die Vergänglichkeit des Leibes leichter ertragen. Mit diesem Begriff war auch die „philosophische Grundfrage“ geboren, die nun in unterschiedlichem Gewand in Wissenschaften, Philosophien und Religionen ihr Unwesen treibt. Leib und Seele, Materie und Geist, Sein und Bewusstsein sind ihre bekanntesten Verkleidungen, und immer geht es darum, wem kommt das Primat zu?

 

Wenn die Idee der Unsterblichkeit aber nur einen törichten Wunsch unserer frühen Vorfahren erfüllt, warum befassen sich dann große Geister bis auf den heutigen Tag mit der Suche nach Antworten auf die Fragen nach Seele und Geist? Oder ist das Streben nach Unsterblichkeit vielleicht doch nicht nur törichter Wunsch sondern essentielles menschliches Bedürfnis? Brauchen wir dieses Streben, um unser Leben im Hier und Heute gestalten zu können? Und wenn der Geist nur ein Konstrukt unseres Denkens ist, ist die Hypothese des Geistigen dann notwendig? Können wir auch ohne die Annahme des Geistigen ein Weltbild gestalten, das es uns ermöglicht, uns in unserer realen Welt zielstrebig zu bewegen, oder würden wir ohne eine solche Annahme ziellos umher irren? Ist diese Annahme also denknotwendig?

Die Annahme einer unsterblichen Seele, eines ewigen Geistes in einer jenseitigen Welt erfordert auch weder die Annahme göttlicher Wesen noch impliziert sie diese. Die Annahme höherer, allmächtiger Wesen in den Religionen dient wohl nur dem Bedürfnis, die Herrschaft von Menschen über Menschen zu legitimieren. Unsterbliche Seelen könnten auch in einer Welt ohne Götter angenommen werden. Wozu dann ist aber die Annahme einer geistigen Welt erforderlich?

 

Seele, Geist und Bewusstsein sind ja Bestimmungen unseres Selbsts, es geht um unsere Seele, unseren Geist und unser Bewusstsein. Können wir uns uns selbst nun ohne Seele, ohne Geist und ohne Bewusstsein denken? Bereits Descartes konnte sich den Menschen zwar ohne Körper, aber nicht ohne Geist vorstellen.

Unser geistiges Leben manifestiert sich in den Schöpfungen unserer Kultur. Die Werkzeuge, die ich herstelle, die Bilder die ich male oder fotografiere und die Gedanken, die ich in Worte fasse, sind die Realität meines Geistes, für mich selbst und für die Anderen. Die Kultur ist die Existenzform meines geistigen Seins wie mein Körper die Existenzform meines körperlichen Seins ist. Mein materielles Sein ist endlich, aber auch nach dem Ende meines körperlichen Seins werden die Gegenstände der Kultur, in den mein geistiges Sein manifest ist, weiter existieren.

 

Sind sie aber darum ohne Seele, ohne Geist, nur weil mein Körper, der sie schuf,  nicht mehr ist? Das hängt ganz davon ab, in wessen Hände sie geraten. Ihre kulturellen Eigenschaften können sie nur entfalten, wenn sie von Menschen angeeignet werden. Nur Menschen können meinen Geist in ihrem Geist auferstehen lassen, indem sie meine Werkzeuge nutzen, meine Bilder betrachten und meine Worte lesen. Die menschliche Gesellschaft ist es, die meine Seele weiter leben lässt und meinen Geist unsterblich machen kann, so wie wir heute noch im Museum den Geist der frühen Menschen aufleben lassen, indem wir ihre Faustkeile bewundern.

Die Idee der unsterblichen Seele ist also offensichtlich eine Denknotwendigkeit, ohne die wir unser heutiges Leben weder verstehen noch gestalten könnten. Aber trotzdem, ich bin doch froh, am Leben geblieben zu sein.

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Die Schrift und die Religion

7. Januar 2009 - 09:57 Uhr

Nachdem nun meine Überlegungen zur Entstehung der Sprache soweit gediehen sind, dass ich sie veröffentlichen konnte, kann ich mich auch wieder ein wenig dem Bloggen widmen. Gerade das Weihnachtsfest war ja für manchen willkommener Anlass, sich wieder einmal Fragen der Religion und des Glaubens zuzuwenden.Das ist ja auch schon ein Problem: Wie begeht man als Atheist oder als Andersgläubiger das Weihnachtsfest? Und was sag ich meinen Enkeln? Wann verstehen sie die Gedanken, die mich heute, da mein Leben sich seiner letzten Etappe nähert, im Zusammenhang mit diesem Fest bewegen?

Für mich ist die christliche Religion /1/ eine der größten intellektuellen Leistungen, welche die Menschheit vollbracht hat. Zum ersten Mal stellte sie die Frage nach der Gleichheit der Menschen. Im Postulat der prinzipiellen Gleichheit aller Menschen lag und liegt ihre intellektuelle Anziehungskraft, befriedigt doch dieses Postulat ein grundlegendes Erkenntnisbedürfnis aller Menschen.Die Größe des intellektuellen Anspruchs dieses Postulats wird allein schon dadurch deutlich, dass es bis heute nicht gelingt, dieses Postulat in unserem Handeln zu realisieren. Wie sonst wäre es möglich, dass nicht nur Atheisten Kriege führen, sondern dass Muslime auf Juden, Katholiken auf Protestanten schießen und das mit Waffen, die ihre Priester gesegnet haben? Aber auch die Hoffnung auf Aussöhnung und Frieden resultiert aus dem Gleichheitspostulat.Dazu passt, dass im Weltbild vieler religiöser Menschen nur Angehörige der eigenen Religion des Paradieses teilhaftig werden können und dass sogar beim Zählen der des Paradieses Würdigen nicht alle gleich behandelt werden. - So versuche ich zu Weihnachten, wenigstes meine Lieben in meinen Geschenken gleich zu behandeln.

Eine andere wenigstens ebenso große intellektuelle Leistung vollbrachten die Schöpfer der christlichen Religionen mit dem
monotheistischen Konstrukt eines nicht anschaubaren Gottes, von dem man sich kein Bild machen soll.Soweit mir bekannt, werden bis heute die Götter polytheistischer Religionen durch gestaltbare und dadurch anschaubare Bilder oder Skulpturen (Götzen) oder auch durch Naturerscheinungen dargestellt. Der Gott der christlichen Religionen ist dagegen abstrakt, er kann nicht angeschaut werden sondern kann nur gedacht, d.h. geglaubt werden.Mit diesem Konstrukt erreichte das menschliche Denken wohl erstmals theoretisches Niveau, d.h. das Niveau eines Denkens, dass sich vollständig von der Anschauung gelöst hat. Wie schwer diese Anforderung zu erfüllen war, geht für mich auch aus dem Umstand hervor, dass ein anschaubares Verbindungsglied zu diesem abstrakten Gott erforderlich wurde, das in dem Konstrukt des menschgewordenen Gottessohns realisiert wurde.Das Konstrukt eines nicht anschaubaren Gottes erforderte aber weiter die Erfindung einer dazu geeigneten Schrift.
Solange die Schrift Bilderschrift ist, kann die Idee eines nicht anschaubaren Gottes überhaupt nicht ausgedrückt werden, weil das Schriftzeichen für Gott nur ein Bild Gottes sein kann. Erst wenn Worte unmittelbar in
Buchstaben geschrieben werden können, sind auch Schriftzeichen für abstrakte Gedanken konstruierbar.Damit bin ich wieder beim Ausgangspunkt angelangt, der Entstehung von Sprache und Schrift. Das sind unzweifelhaft kulturelle Leistungen der Menschheit und nicht das Resultat biotischer Evolution. Nicht genetische Veränderungen des Gehirns bringen Sprache und Schrift hervor, sondern die Entwicklung der menschlichen Kultur durch die menschliche Tätigkeit.Merlin Donald, selbst Kognitionspsychologe, zeigt in seinem Buch „Triumph des Bewusstseins“, /2/ dass und warum die Entstehung und Entwicklung der Sprache nicht aus dem „solipsistischen Paradigma“ der Neurophysiologie verstanden werden kann, sondern dass die Herausbildung der Sprache nur aus der kollektiven Kultur der Menschen erklärbar ist.

Und wenn die Sprache nicht aus dem Gehirn erklärbar ist, dann ist sie auch nicht genetisch bestimmt, wie beispielsweise
Noam Chomsky oder Steven Pinker meinen. Und dann ist auch die Religion kein Resultat biotischer Evolution, wie Michael Blume in seinem Buch „Gott, Gene und Gehirn“ meint. Die christliche Religion ist intellektuelles Resultat der Entwicklung der menschlichen Kultur, in der ich lebe und die ich respektiere – auch durch die Art, in der ich als Atheist Weihnachten feiere.  

 /1/ Ich meine Religion, nicht aber das, was Kirchen daraus machen.
/2/ Donald, Merlin (2008): Triumph des Bewusstseins. Die Evolution des menschlichen Geistes, Klett - Cotta Verlagsgemeinschaft, Stuttgart
/3/Rüdiger Vaas, Michael Blume (2008) :Gott, Gene und Gehirn. Warum Glaube nützt. Die Evolution der Religiosität, Hirzel Verlag Stuttgart. 

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Glauben und Wissen

14. November 2008 - 09:57 Uhr

Woher wissen wir eigentlich, was wir wissen?
Also ich weiß das Meiste vom „Hörensagen“, es hat mir jemand erzählt, ich habe es irgendwo gelesen – und ich lese viel - oder ich habe es im Fernsehen gesehen, das ich auch ausreichend „genieße“. Das Wenigste habe selbst in der Realität überprüft. Ich habe es „geglaubt“. Ich wusste, weil ich glaubte.
Der erste Grund ist mein Vertrauen in meine Quellen. Zuerst waren es meine Eltern und der Rest der Familie, denen ich zunächst blind vertraut habe. Warum meine ich trotzdem, mein Wissen sei zutreffend, „wahr“?
Das so erworbene „Grundwissen“ bildete dann das Kriterium, an dem ich neues Wissen prüfte. Passt es? Ist es logisch mit diesem verträglich? Das Glauben wurde auf diese Weise durch eigenes Nachdenken „begründet“.
Der Inhalt des Wissens war dabei gleichgültig, Wissen über Gott war dem Wissen über die Welt gleichartig und gleichwertig.
Zum Ende der Pubertät änderte sich das. Neue Quellen beispielsweise der wissenschaftliche Unterricht ließen mich verstehen, dass nicht alle Komponenten meines Wissens miteinander verträglich waren. Ich musste mich entscheiden, welchen Quellen ich in Zukunft glauben wollte, den rationalen oder den religiösen.
Ich entschied mich für rationales Wissen und ich konnte nicht verstehen, wie Menschen einen religiösen Glauben haben konnten. So war mir meine Biologielehrerin ein Rätsel, die uns als gläubige Katholikin die Evolution erklärte.
Nun „wusste“ ich die Religion nur noch, die Wissenschaft glaubte ich.
Der rationale Teil meines Wissens war der, von dem ich begründet annahm, dass ich ihn „empirisch verifizieren“ könnte, wenn ich wollte, und den ich deshalb wirklich wüsste.. Der religiöse Teil war dagegen der Teil, von dem ich annehmen musste, dass er prinzipiell nicht empirisch verifizierbar ist und den ich ohne die Möglichkeit der Verifikation hätte nur glauben müssen.
Glauben und Wissen waren so als Religion und Wissenschaft unterschiedliche Qualitäten geworden.
Später stellte ich dann fest, dass es Ereignisse geben konnte, die der Allmacht der Rationalität widerstanden, an die ich geglaubt hatte.
Warum musste meine Mutter so jung sterben? Sie hatte Krebs. Sie hatte geraucht. Das war rational einsichtig, war aber war nicht meine Frage. Warum musste es meine Mutter treffen? Hier fand ich keine rationale Antwort. So hatte ich hatte gar keine Antwort im Gegensatz zu meinen religiösen Verwandten. Der religiöse Glauben hatte Funktionen erfüllt, zu denen der Glaube an die Wissenschaft ungeeignet war.
Auch auf andere Fragen wie die nach dem Sinn des menschlichen oder wenigstens meines Lebens hat die Wissenschaft keine empirisch verifizierbaren Antworten. Solche Fragen muss ich entweder unbeantwortet lassen oder ich gebe mir meine individuelle Antwort, ich bestimme den Sinn meines Lebens selbst.
Es ist schwer, mit unbeantwortbaren Fragen zu leben, für manche Menschen zu schwer. Ihnen kann ein religiöser Glaube helfen, wo der wissenschaftliche versagt. Das sollte auch der Wissenschaftsgläubige akzeptieren und umgekehrt.
Problematisch wird es, wenn Wissenschaft und Religion vor allem in ihren institutionalisierten Formen ihre Domänen verlassen und in fremden Gewässern fischen. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema, wie es z.B. bei Brights in “Eine objektive Ethik ist möglich” behandelt wird.

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